Vernissage: 12. November 19 – 21 Uhr
Eröffnungsrede Dr. Anja Zimmermann (Kunstgeschichtliches Seminar Hamburg)
Dauer der Ausstellung: 13. November bis 10. Januar 2004
Mit ungewöhnlichen Ideen über die Gestalt und Daseinsformen des Menschen beschäftigen sich die in der Ausstellung „Human Presence“ ausgestellten Werke von Caro Suerkemper, Philippe Pasqua und Elke Nebel. Die drei Künstler, die in Berlin, Paris und Düsseldorf leben und arbeiten, gehen in fast klassischer Manier von der Malerei und Zeichnung aus. Aber gerade in der Beimischung unterschiedlicher Kontexte werden ihre Ideen über die Natur des Menschen aufgegriffen. Die ehemalige Immendorf-Schülerin Elke Nebel wendet sich zum Beispiel der seit einigen Jahren wieder zugelassenen Kultdroge „Absinth“ zu. In einem 2,5 minütigen Film, der aus rund 2000 gemalten und gezeichneten Blätter besteht und mit Musik von John Zorn vertont ist, werden die Sehnsüchte in halluzinatorischen Gedanken eines Trinkers an der Bar gezeigt. Die traditionell intellektuellen Kreisen, darunter van Gogh, Picasso und Monet zugewiesene Droge wird im Film in mehrfacher Hinsicht zu einem fast poetischen Sinnbild für die Sensibilität und künstlerische Kreativität einer jungen Künstlergeneration.
Ergebnis ihres diesjährigen Stipendiums auf Schloss Balmoral in Bad Ems ist das Modell eines prachtvoll mit Lüftlmalerei verzierten Tiroler Hauses von Caro Suerkemper, in dessen Inneren sie ihre Werke inszeniert: hintergründige Aquarelle an den tapezierten Wänden und das grausige Objekt „Hirschdoppel“, das wie ein Erhängter unter der Treppe im Treppenhaus des leeren, unmöblierten Hauses baumelt. Dieses Haus, dessen Türen und Fenster weit geöffnet sind, stellt sie auf eine sich langsam drehende Scheibe, als handle es sich um Riesenspielzeug oder um Schaufensterdekoration mit Projektionen aus einer kindlichen Welt. Imaginationen einer bürgerlichen Welt und alpenländische Idylle werden hier zur Plattform menschlicher Psychosen, die sich wie ein Karussell vor dem Betrachter drehen und wie beim Jahrmarkt aus einer autonomen Welt aufscheinen.
Diesem Werk der Berlinerin ist die monumentale Leinwand des Franzosen Philippe Pasquas gegenübergestellt. Ein Mädchen mit Downsyndrom scheint mit seinen Augen fasziniert einem Gegenüber zu folgen, wobei sein unbändig glückseliger Gesichtsausdruck all jene widersprüchliche Gefühle vergessen lässt, die das Sujet des behinderten Kindes an sich auslösen. Das Bild ist Teil einer Serie zum Thema. Seiner manchmal fast gewalttätigen anmutenden, barocken Malweise, die das grosse Format bevorzugt, ist auch hier wieder ein für ihn typischer klassischer Zug imanent, der sich grundsätzlich von der 50er Jahre-Ästhetik der Aquarelle von Caro Suerkemper unterscheidet. Philippe Pasqua, der in den Bildausschnitten und der Komposition cinematographisch denkt, bleibt doch ganz Maler und beeindruckt damit, wie er scheinbar mühelos mit Pinsel und Ölfarbe die Gestalt des Menschen und die Komposition eines Bildes gerade im großen Format beherrscht. Eine überraschend ähnliche Sprengkraft und Tiefgründigkeit besitzen die Arbeiten Caro Suerkempers, die jedoch das kleine Format und einen illustrativen Stil bevorzugt.