2018 „Wo Licht ist, ist auch Schatten“ – Amina Broggi

Amina Broggi, „Wo Licht ist, ist auch Schatten“. Malerei
Eröffnung Freitag, 26. Oktober 2018, 19 bis 21 Uhr
verlängert bis 28. Januar 2019

Werke

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Nach mehrjähriger Pause zeigen wir erstmals wieder Arbeiten der in Wien lebenden Liechtensteinerin Amina Broggi. Es ist seit 2009 die vierte Einzelausstellung der Künstlerin in der Galerie. In ihrer neuesten Serie befasst sie sich mit der deutschen Sprache und ihrer Bildhaftigkeit. Fasziniert von der Vielfalt von Redewendungen und Sprichwörtern lässt sie sich von gesprochenen Bildsituationen, die wir ohne darüber nachzudenken täglich benutzen, inspirieren und setzt sie in reale Szenarien um.

Da steckt jemand „den Kopf in den Sand“, führt einen „Eiertanz“ auf, da wird etwas „aus den Fingern gesaugt“ und da „beißt“ jemand „ins Gras“. So gewohnt und unspektakulär uns die Redewendungen im Alltag vorkommen, in der bildlichen Umsetzung ihrer hyperrealistischen Malweise spitzt die Malerin das dramatische und surreale Bildpotential zu und spinnt es in ihren eigenen Imaginationen weiter. So malt sie in der Nähe brechender Wellen am hitzeflirrenden Meeresstrand einen nackten Körper, dessen Geschlecht und Alter in der diagonalen Seitenansicht nicht erkennbar wird. Der Kopf verschwindet im Sand, ohne dass die unheimliche Geschichte aufgelöst würde, sich als Spiel im Urlaub oder wie auch immer geartetes Drama zu erkennen gibt. Ebenso heftig, durch die lichtdurchflutete Atmosphäre verstärkt, muten die Kompositionen auf den beiden Leinwänden zum Thema „Eiertanz“  (je 50 x 80 cm) an, Close Ups auf nackte Kleinkinderbeine mit buntbemalten Zehennägeln, die auf dem einen Bild zwischen Eiern auf Zehenspitzen jonglieren, auf dem anderen offenbar genussvoll Eier zertreten. Auf anderen überwiegend großformatigen Leinwänden (200 x 140 cm) erweckt sie weiter Hirngespinste und Traumwelten zum Leben, die sie stets in ihrem Sinne und für den Betrachter überraschend ausdeutet. So lässt sie im Hinblick auf die Redewendung „jemandem an den Lippen hängen“ einen Affen an der Lippe eines jungen Mannes mit nacktem, athletischem Oberkörper baumeln, der vor einem bunt marmorierten, nicht weiter definierbaren Hintergrund steht. Ist es vielleicht auch die Warnung, „sich [nicht] zum Affen zu machen?“. Sein Auftritt, das gegelte zurückgekämmte Haar und der Blick des Mannes läßt den Betrachter jedenfalls daran denken. Amina Broggi weisst darauf hin, dass sie diese Bilder mit einem „zwinkernden Auge“ entworfen habe, doch bleibt die unheimliche Seite des Geschehens stets evident.

Bewusst setzt sie Kontraste in der Farbgebung ein. Wild bunte Leinwände lösen beinahe monochrome, grau schwarze Kompositionen ab. Letztere wirken wie Traumsequenzen, zum Beispiel im Bild eines weiblichen Aktes, der den Ast absägt, auf dem sie sitzt, ein selbstzerstörerisches Tun. Die dunklen, mysteriösen Anwandlungen der Seele, die Dualität des Seins thematisierte Broggi schon immer in ihren Bildern. Neu ist das Thema, auf Sprachwendungen zurückzugreifen, unsere sinnbildliche Sprache und deren Bedeutung und Deutung in ihrer Malerei einzufangen und zu hinterfragen. Und wie in den vorhergehenden Serien spielen Freunde und deren Kinder, in diesem Falle ihr eigener neuer Familienzuwachs, ihre Tochter, als Modell eine Rolle und auch wieder sie selbst im Autoporträt.

So scheint es nicht von ungefähr, dass sie in den drei Selbstportraits (bis zu 300 x 200 cm) in der Ausstellung die Redewendung „Wo Licht ist, ist auch Schatten“ aufgreift, die sie zum Titel der gesamten Ausstellung wählte. Für diese Gemälde projizierte sie Scherenschnittmuster auf ihr Gesicht, die an Tätowierungen von Urvölkern erinnern, als stände sie wie diese mit Geistern in Verbindung und wolle das Böse evozieren wie abwehren. Es geht wie immer bei ihr um die Licht und Schattenaspekte des menschlichen Charakters, um verletzen und verletzt werden.

Amina Broggi (geb. 1980) studierte an der Universität für angewandte Kunst in Wien, Ausstellungen u.a. Sammlung Essl, Klosterneuburg (emerging artists: hotspots) und Kunsthalle Krems (Real-Junges Österreich).

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Amina Broggi, „Where there is light, there is also shadow“. Painting
Opening reception Friday, October 26, 2018, 7 pm to 9 pm
Extended until January 28, 2019

Works

After a break of several years, we are showing the work of Amina Broggi from Liechtenstein, who lives in Vienna. It is the artist’s fourth solo exhibition in the Gallery since 2009. In her latest series she deals with the German language and its imagery. Fascinated by the variety of idioms and proverbs, she is inspired by spoken picture situations that we use every day without thinking about it, and translates them into real scenarios.

Someone “sticks their head in the sand”, performs an “egg dance”, something is “sucked out of their fingers” and someone “bites” “the grass”. As familiar and unspectacular as the idioms seem to us in everyday life, in the visual implementation of her hyper-realistic painting style, the painter intensifies the dramatic and surreal image potential and spins it further in her own imaginations. In the vicinity of breaking waves on the heat-shimmering sea beach, she paints a naked body, whose gender and age cannot be seen in the diagonal side view. The head disappears in the sand without the creepy story being resolved, revealing itself as a game on vacation or any kind of drama. Just as violent, reinforced by the light-flooded atmosphere, the compositions on the two canvases on the subject of „egg dance“ (50 x 80 cm each) appear, close ups on bare toddlers‘ legs with brightly painted toenails juggling between eggs on tiptoe, on the other, evidently trampling eggs with relish. On other, predominantly large-format canvases (200 x 140 cm), she continues to awaken fantasies and dream worlds to life, which she always interprets in her own way and in a surprising way for the viewer. With regard to the phrase “hanging on someone’s lips”, she lets a monkey dangle from the lip of a young man with a bare, athletic upper body who is standing in front of a colorful, marbled background that cannot be further defined. Is it perhaps also the warning to “do not make a monkey?”. His appearance, the gelled hair combed back and the man’s gaze make the viewer think about it. Amina Broggi points out that she designed these pictures with a “twinkling eye”, but the eerie side of the action is always evident. She consciously uses contrasts in the color scheme. Wildly colored canvases replace almost monochrome, gray-black compositions. The latter seem like dream sequences, for example in the picture of a female nude sawing off the branch on which she is sitting, a self-destructive act. Broggi has always addressed the dark, mysterious impulses of the soul, the duality of being in her pictures. What is new is the subject of resorting to expressions of language, of capturing and questioning our symbolic language and its meaning and interpretation in your painting. And as in the previous series, friends and their children, in this case their own new addition to the family, their daughter, play a role as a model and again themselves in the car portrait. So it seems not by chance that in the three self-portraits (up to 300 x 200 cm) in the exhibition she takes up the phrase “Where there is light, there is also shadow”, which she chose as the title of the entire exhibition. For these paintings, she projected paper cutting patterns onto her face, reminiscent of tattoos of indigenous peoples, as if she were connected to spirits like them and wanted to evoke and ward off evil. As always, it is about the light and shadow aspects of the human character, about hurting and being hurt. Amina Broggi (born 1980) studied at the University of Applied Arts in Vienna, exhibitions including Essl Collection, Klosterneuburg (emerging artists: hotspots) and Kunsthalle Krems (Real-Young Austria).

Vita